Grüne Haushaltsrede 2025

Haar, den 25.11.2025

Lieber Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren des Stadtrats,
sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,
sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Presse,

mein Dank geht als erstes an die Kämmerei, die gemeinsam mit den Kolleg:innen in der Verwaltung hervorragende Arbeit bei der Aufstellung des Haushaltsplans für 2026 geleistet hat. Auch den Mitgliedern dieses Gremiums gilt mein Dank für die in weiten Teilen sachliche Zusammenarbeit.

Ein hübsches Bild

Es ist der letzte Haushaltsplan, den Du Andreas in der Rolle als Bürgermeister einbringst – zumindest in dieser Amtsperiode. Der Haushaltsplan ist hübsch anzuschauen, der herannahenden Kommunalwahl sei Dank, auch ist er halbwegs frei von größeren Einschnitten. Städtisches Personal wird aufgebaut, das Angebot an Kindertagesbetreuung ausgebaut, der Neubau des Dinos schreitet voran, die Neugestaltung der Leibstraße geht in die nächste Planungsphase und nach unserem jahrelangen Kampf wird endlich die energetische Sanierung der Vaterstettener Straße angegangen.

Stabile Einnahmen – wenig Schulden

Die höchste Einnahmequelle ist mal wieder die Einkommenssteuer mit über 20 Mio. €. Diese Einnahmen wachsen in den letzten Jahren kontinuierlich. Im Jahr 2022 lagen sie noch bei 17,8 Mio. €. Ein zweites bemerkenswertes Datum unseres Haushaltsplans ist die Höhe der Verschuldung. Obwohl wir seit Jahren die Schwarzmalerei der größten Fraktion im Stadtrat ertragen müssen, weist dieser Haushaltsplan eine Pro-Kopf-Verschuldung in Höhe von knapp 87 € aus und diese wird voraussichtlich auf rund 48 € im Jahr 2029 sinken. Daneben haben wir aktuell noch 779 € pro Kopf „rentierliche“ Schulden. Das sind unsere langfristigen Investitionen in den Wohnungsbau und die Geothermie. Diese werden sich inklusive den dafür erforderlichen Finanzierungskosten durch die Einnahmen, die sie generieren, selbst zurückzahlen. Belasten unseren Haushalt also nicht! Noch eine letzte Zahl, die deutlich macht, wo wir mit unseren Finanzen stehen: Im Haushaltsplan 2021 ist nachzulesen, dass der Rücklagenstand im Jahr 2025 auf 3,87 Mio. € sinken wird. Dem jetzt vorliegenden Haushaltsplan für das Jahr 2026 können wir entnehmen, dass wir mit 45,5 Mio. € in den Rücklagen starten werden. Zudem wissen wir alle, dass auch dieser Wert nach Feststellung des Rechnungsergebnisses 2025 noch steigen wird.

Das ist kein Aufruf zum leichtfertigen Umgang mit dem uns anvertrauten Geld, es ist vielmehr der Grund dafür, dass wir den vorliegenden Haushaltsentwurf nur als „ein hübsches Bild“ empfinden. Der Haushaltsplan müsste bei dieser Ausgangslage viel deutlicher zeigen, dass wir als Stadt bereit sind, die Probleme der Zeit anzugehen, die auf lokaler Ebene bearbeitbar sind: Maßnahmen gegen Wohnungsnot und überteuerte Mieten, eine Klimapolitik, die dem Erhalt unserer Lebensgrundlagen dient und eine Sozialpolitik, die dazu beiträgt, Ungleichheit abzubauen.

Für neue bezahlbare Wohnungen und für mehr Klimaschutz

Die Lage am Wohnungsmarkt ist so angespannt, dass wir in die Planung für eine neue Notunterkunft für wohnungslos gewordene Menschen einsteigen. Das hatten wir Grünen bereits für 2025 gefordert und es ist gut, dass wir es jetzt machen. Aber das Wohnungsproblem lösen wir nur durch einen Neubau bezahlbarer Wohnungen und einer Mobilisierung des Leerstands. All unsere grünen Vorstöße, Neubaugebiete auszuweisen und den kommunalen Wohnungsbau zu intensivieren, werden aber abgeblockt. Abgeblockt mit dem Scheinargument wir könnten uns das Bevölkerungswachstum nicht leisten. Die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Abgeblockt mit dem Verweis auf unsere Finanzlage, wo doch offensichtlich ist, dass wir als Stadt in der Lage sind, in den kommunalen Wohnungsbau zu investieren.

Die Zögerlichkeit bei Maßnahmen zum Klimaschutz, die in den Mehrheitsentscheidungen dieses Gremiums zum Ausdruck kommen, haben uns nicht nur in Bezug auf das Ziel der CO2-Neutralität zurückgeworfen, sondern kosten am Ende auch unmittelbar Geld. Sie wollen Beispiele? Die Verzögerungen bei der Entscheidung die Freiflächen-PV zu errichten, haben dazu geführt, dass wir erheblich höhere Anschlusskosten in einem mittleren 6-stelligen Bereich zu bezahlen haben, die Zögerlichkeit bei dem Ausbau von PV-Anlagen auf den Dächern städtischer Häuser hat zu unnötig hohen Stromkosten geführt, der fehlende Einsatz von Wärmepumpen zu unnötig hohen Gaskosten, die fehlende Sanierung städtischer Gebäude zu unnötig hohen Nebenkosten und fehlender Lebensqualität. Es gibt Mieter städtischer Wohnungen, die im Winter nur noch einen Teil ihrer Wohnung nutzen, um Nebenkosten zu sparen. Alles zusammen führt zu erheblichen Belastungen der Umwelt. Dies geschieht, obwohl wir vor ziemlich genau einem Jahr einstimmig den Beschluss zum Klimanotstand erneuert haben, als wir der C2C NGO beigetreten sind. Bei dieser Inkonsequenz muss man sich nicht wundern, wenn das Ansehen der Politik sinkt.

Kein Sparen beim sozialen Zusammenhalt

Es gab auch bei den diesjährigen Haushaltsberatungen wieder die unsäglichen Diskussionen darüber, dass wir uns die Ausgaben für den sozialen Zusammenhalt angeblich nicht leisten könnten. Der Abbau sozialer Ungleichheit, Maßnahmen zur Verbesserung der gesellschaftlichen Teilhabe derjenigen, die am Rande unserer Wohlstandsgesellschaft leben, die aus welchen Gründen auch immer nicht mithalten können, ist aber aus Achtung vor Art.1 Grundgesetz erforderlich. Dort steht „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Darüber hinaus beweisen Analysen der OECD-Daten seit über einem Jahrzehnt regelmäßig und eindrucksvoll: Alle in einer Gesellschaft profitieren davon, wenn soziale Ungleichheit sinkt. Trotzdem ist es hier im Gremium immer ein mühsamer Kampf, die Gebühren- und Mieterhöhungen auf ein halbwegs sozial verträgliches Maß zu begrenzen. Trotzdem gibt es keine Mehrheit dafür, den finanziell Schwächsten wenigsten an Weihnachten ein Gefühl sozialer Teilhabe zu ermöglichen. Trotzdem müssen wir uns jedes Mal aufs Neue um die Mittel für Nachbarschaftshilfe, Musikschule und vhs streiten. Alles drei sind Haarer Institutionen, die zum sozialen Zusammenhalt beitragen und Bildungsmöglichkeiten auch für weniger wohlhabende Menschen schaffen.

Damit aus dem hübschen Bild ein der Stadt angemessenes Gesamtbild wird, hätte der Haushaltplan die Grundlage für eine kommunale Wohnungsbauinitiative enthalten müssen, eine konsequente klimapolitische Ausrichtung aufzeigen sollen, z.B. durch den Beschluss für einen verbindlichen Sanierungsfahrplan städtischer Wohngebäude, den wir eigentlich im Oktober im Rahmen der kommunalen Wärmeleitplanung mitbeschlossen haben, und eine klare soziale Ausrichtung haben müssen. Dies ist leider nicht geschehen.

Dennoch geht es langsam voran

Aber bei aller berechtigten Kritik an der Uninspiriertheit dieses Haushaltsplans ist festzuhalten, dass es eine Reihe grüner Herzensprojekte dennoch in die Realisierungsphase geschafft haben: Der Neubau des Dinos, ein Ausbau regenerativer Energie – wenn auch nicht so schnell, wie wir uns das vorstellen – ein Einstieg in die energetische Sanierung städtischer Wohngebäude und unsere Hoffnung, dass das Bauamt die Planungen für die Sanierung des nächsten städtischen Wohnhauses wirklich in 2027 beginnt, sowie die Atempause für den sozialen Bereich.

Die eingangs aufgezählten Kennwerte des städtischen Haushalts zeigen: Auch wenn die Haushaltslage wie immer ein umsichtiges Agieren erforderlich macht, hätten wir in den letzten Jahren einige der jetzt noch laufenden Projekte (z.B. Dino) abschließen können und einige für unsere Bürger:innen wichtige zukunftsorientierte Projekte (wie Klimafolgenanpassung / energetische Sanierung) bereits starten können. Beides hätte Geld gespart. Aus Fehleinschätzung der Haushaltslage hat eine Mehrheit hier im Gremium solche wichtigen Entwicklungen blockiert.

Bei aller Kritik, die wir haben, stimmen wir dem Haushaltsplan zu, denn wie aufgezeigt werden trotz allem wichtige Impulse für die Zukunftsfähigkeit der Stadt gesetzt.

Dr. Mike Seckinger Fraktionssprecher von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN
Ulrike Olbrich Fraktionssprecherin von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN

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