Lieber Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren des Gemeinderats, sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger, sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Presse,
mein Dank geht als erstes an Kämmerei, die gemeinsam mit den Kolleg:innen in der Verwaltung hervorragende Arbeit bei der Aufstellung des Haushaltsplans für 2025 geleistet haben. Und dies obwohl die personelle Situation angespannt ist. Auch den Mitgliedern dieses Gremiums gilt mein Dank für die heuer meinst sachlich unaufgeregte Zusammenarbeit.
Vom Panikmodus in den Gestaltungsmodus
Welch eine Veränderung innerhalb eines Jahres. Waren im Januar bei der Aufstellung des Haushaltsplans 2024 noch etliche aus diesem Kreis hier in einem Panikmodus einer angeblich bevorstehenden „Insolvenz“ Haars gefangen, so haben wir jetzt einen Haushaltsplan vorliegen, der bei aller gebotenen Sparsamkeit wieder Gestaltungswillen zeigt. Vielleicht hat dazu beigetragen, dass dies ein historischer Haushaltsplan ist, er ist der letzte, den wir als Gemeinderat beschließen. Die Höhe der Einnahmen ist noch nicht da, wo sie sein sollte. Da kann ich der Einschätzung der Kämmerei zustimmen, aber die Einnahmen ermöglichen es uns bereits, notwendige und dringende Aufgaben anzugehen. Wir zeigen mit diesem Haushaltsplan, dass es auch in finanziell schwierigen Zeiten möglich ist, mutig die Projekte anzupacken, die Haar braucht, um lokal auf globale Herausforderungen zu reagieren.
Mit dem Geothermie-Projekt steigen wir in die Wärmewende ein, die uns auch unabhängiger von globalen Verwerfungen macht. Wir nutzen die anstehende Dachrenovierung beim Route 66 für den Ausbau von Photovoltaikanlagen, die ohne weiteren Flächenverbrauch auskommen. Wir statten das Bürgerhaus mit ausreichend Geschirr aus, so dass zukünftig Feste im und um das Bürgerhaus ohne Einweggeschirr zum Standard werden. Mitarbeiter:innen der Gemeinde können ab 2025 ein Jobticket nutzen und werden so motiviert, öfter mal das Auto stehen zu lassen. Wir beginnen endlich mit der Sanierung gemeindlicher Wohngebäude. Dies verringert nicht nur den Energieverbrauch, sondern senkt auch die finanzielle Belastung durch unnötig hohe Nebenkosten für die Mieter:innen. Wir starten die Realisierungsphase des Cradle-to-Cradle-Neubaus des Jugendzentrums Dino und zeigen damit, dass zirkuläres Bauen möglich ist. Gut, dass es nach 15 Jahren Anlaufzeit endlich losgeht, auch wenn wir durch die Ängstlichkeit der Mehrheit im Januar hier ein weiteres Jahr verloren haben. Das hat unnötiger Weise das Vertrauen junger Haarer:innen in die Politik geschwächt. Die beiden neuen Kindergärten, die in der Planung sind, werden in moderner Modulbauweise nachhaltiger und kostengünstiger gebaut werden. Die drei zuletzt genannten Projekte verweisen auf den engen Zusammenhang von ökologischem und sozialem Fortschritt.
In 2025 können diejenigen in Haar, die sich für den sozialen Zusammenhalt einsetzen, wieder auf zumindest halbwegs auskömmliche Zuschüsse setzen. Bei vielen Vereinen, für die wenige tausend Euro mehr oder weniger Förderung einen Unterschied machen, wurden die unnötigen Kürzungen des letzten Haushaltsplans zurückgenommen. Damit stärken wir den Zusammenhalt in unserer zukünftigen Stadt und ermöglichen ein vielfältiges soziales Leben. Die großen Zuwendungsempfänger Volkshochschule, Musikschule und Nachbarschaftshilfe erhalten einen Ausgleich für die steigenden Personalkosten, so dass sie ihre Arbeit in gewohnter Qualität und vollem Umfang fortführen können. Das wurde gemeinsam beschlossen, auch wenn es dafür einiges an Überzeugungsarbeit gebraucht hat. Die Gemeinde finanziert für die NBH die Planung für eine Ausweitung der Seniorentagespflege. Wir kommen auf dieser Weise unserer Aufgabe nach, das Angebot der wachsen-den Nachfrage anpassen zu können. Auch die Verwirklichung des Rechtsanspruchs auf einen Ganztagsplatz für Grundschulkinder wird angegangen, was wir sehr unterstützen. Es wird einerseits gemeinsam mit den verschiedenen Akteuren ein Konzept erarbeitet und andererseits werden Mittel für die erforderliche Ausstattung der Räume bereitgestellt.
Der Gestaltungswille geht noch weiter, nicht nur in ökologisch und sozial Notwendiges, sondern auch in die Entwicklung des Städtebaus wird investiert. Nach vielen Jahren Planung soll endlich die Leibstraße angegangen werden. Damit wird ein wichtiger Teil des Mobilitätskonzeptes umgesetzt und öffentlicher Raum in der Ortsmitte aufgewertet. Die Planungen für die Finckwiese gehen voran. Sie soll nach unserer Überzeugung mittelfristig von einem ökologisch wenig wertvollen Maisacker zu einem nachhaltigen neuen Quartier am Ortseingang, bestehend aus Gewerbe, Wohnungen und Infrastruktureinrichtungen entwickelt werden.
Bei all den positiven Entwicklungen, die möglich sind, weil der Gemeinderat zu einem Gestaltungsmodus zurückgefunden hat, darf nicht vergessen werden, dass wir von unserem Ziel, eine klimagerechte und soziale Kommunalpolitik zu gestalten, noch weit entfernt sind. Menschen in Armutslagen unterstützen wir immer noch zu wenig. Es fehlt an kommunalen Wohnungsbau, die Mieterhöhungen des zu Ende gehenden Jahres weisen zudem in die falsche Richtung. Und für die kontinuierliche energetische Sanierung gemeindlicher Gebäude fehlt eine angemessene Strategie und das ökologisch notwendige Mindesttempo. Beim Hallenbad in der Konradstraße und bei der Umsetzung des Mobilitätskonzepts, inklusive den damit verbundenen Sanierungen von Gemeindestraßen, gibt es nach wie vor einen Investitionsstau.
Aber es besteht die Hoffnung, dass eine Gemeinde, die aufbricht Stadt zu werden, in finanziell schwierigen Zeiten Gestaltungskraft beweist und sich attraktiv für Bewohner:innen und Gewerbe zeigt, auch bei der Ansiedlung neuer Betriebe erfolgreich agiert. In diesem Sinne hoffen wir sehr, dass der Panikmodus der Vergangenheit angehört und der Gestaltungsmodus die Oberhand behält.
Dr. Mike Seckinger Fraktionssprecher von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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