Grüne Haushaltsrede 2018

Von Dr. Mike Seckinger Fraktionssprecher von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN

 

Liebe Frau Bürgermeisterin,
sehr geehrte Damen und Herren des Gemeinderats,
sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,
sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Presse,

als erstes geht mein Dank an die Kolleginnen und Kollegen in der Verwaltung für die hervorragende Zusammenarbeit bei der Aufstellung des Haushalts 2019. Mein Dank gilt ebenfalls den anderen Fraktionen für die gute Kooperation bei den Vorbesprechungen zum vorliegenden Haushalt.

„Bangemachen gilt nicht, Sprüchemachen zählt nicht“

Dieses Jahr habe ich den Haushalt mit einer Zeile aus einem Kinderlied überschrieben, denn die Haushaltsvorbesprechungen waren geprägt von einer eigentlich ganz guten Haushalts-lage einerseits und einem sorgenvollen Ausblick andererseits. Unsere Rücklagen haben rekordverdächtige Höhen erklommen – was angesichts der bereits beschlossenen und noch anstehenden Investitionen, z.B. in Kindertagesstätten, Schulen, Rathauserweiterung, Wohnungen, Neubau Dino, Umweltschutz, auch dringend erforderlich ist. Gleichzeitig wissen wir, dass der größte Gewerbesteuerzahler in absehbarer Zeit die Gemeinde verlassen wird und es nur eine Frage der Zeit ist, bis die hohen Steuereinnahmen aufgrund der Wirtschaftszyklen wieder zurückgehen werden. In den vergangenen Jahrzehnten sind wir als Gemeinde gut damit gefahren, unseren Kurs einer unaufgeregten, an Nachhaltigkeit orientierten Haushaltspolitik konsequent fortzuführen. Es gibt auch keinen Grund, dies in den nächsten Jahren anders handzuhaben. Immerhin gelingt es uns auch in diesem Jahr noch, knapp 1,5 Mio. € als Zuführung für unsere Rücklagen vorzusehen. Dies obwohl wir im Vorgriff auf das kommende Bevölkerungswachstum unsere Infrastruktur ertüchtigen. Wir also Personal aufstocken, z.B. in der Bauabteilung, in der Finanzverwaltung oder für die Aufgaben des Umweltschutzes, und Angebote für Haarer Bürgerinnen und Bürger, wie z.B. das FAM oder die Schulsozialarbeit erweitern, ohne dass sich die mit dem Bevölkerungswachstum verbundenen Mehreinnahmen bereits im Haushalt 2019 im nennenswerten Umfang abbilden. Dieser Vorgriff ist notwendig, damit wir die hohe Lebensqualität in Haar erhalten. Natürlich kann man sich die Frage stel-len, warum es uns nicht gelingt, einen höheren Anteil von den 65 Mio. €, die wir im Verwaltungshaushalt bewegen, den Rücklagen zuzuführen und damit das Polster für die absehbaren Investitionen zu verbessern. Hierfür gibt es mehrere Gründe:

Immer mehr und immer neue Vorschriften zu Brandschutz und Unfallverhütung, die uns vor bisher ungeahnten Gefahren schützen sollen und die Gemeinde zu unabweisbaren Ausgaben zwingen, sind der erste Grund, den ich hier ansprechen möchte. Ein Beispiel ist die erzwungene Umrüstung aller noch gut funktionierenden Duschen in den Sportstätten mit einer geschätzten Bausumme von rund 120.000 €, verbunden mit einem zukünftig höheren Wartungsaufwand.

Ein weiterer Grund ist der Fachkräftemangel in unserer Region, der u.a. dazu führt, dass wir eine Arbeitsmarktzulage bezahlen, damit wir unseren Pflichtaufgaben, z.B. Kindertagesbetreuung, nachkommen können. Hierfür gibt die Gemeinde beträchtliche Summen aus, ohne steuernd darauf einwirken zu können.

Die aberwitzige Dynamik bei Bau- und Renovierungskosten, die eine Folge des boomenden Bausektors ist, verlangt uns ebenfalls deutlich erhöhte Ausgaben beim Erhalt unserer Infrastruktur ab. Wenn wir nicht darauf verzichten, notwendige Baumaßnahmen anzugehen, dann bleibt uns nichts Anderes als dies zähneknirschend hinzunehmen. Selbstverständlich verbun-den mit einer engen Kostenkontrolle, so wie es bereits üblich ist.

Dem Prinzip der Nachhaltigkeit verpflichtet, muss sich der Haushalt in seinen Ausgaben auch danach richten, was geeignet ist, zukünftige Belastungen abzuwenden oder zumindest einzuschränken. Unsere Ausgaben in den Umweltschutz versuchen genau dieses, weshalb es schädlich wäre, würde wir in diesem Bereich auf sinnvolle Ausgaben verzichten. Es wäre kein Sparprogramm, sondern würde nur zu noch deutlich höheren Belastungen in der Zukunft führen. Die in diesem Jahr vorgelegte Klimabilanz hat uns aufgezeigt, dass wir bei dem bis-her erreichten nicht stehen bleiben dürfen und dringend das Tempo erhöhen müssen, mit dem wir Verbesserungen erreichen. Die Einstellung einer Klimamanagerin bzw. eines Klimamanagers, deren Aufgabe es sein wird, die Klimaziele konsequenter als bisher voranzu-bringen, ist ein notwendiger Schritt dazu. Die Entwicklung eines Mobilitätskonzepts – was ebenfalls zu weiteren Ausgaben führen wird – ein weiterer.

Schließlich will ich nicht enden, ohne eine Kernaufgabe kommunaler Politik anzusprechen: nämlich den Zusammenhalt in unserer Gemeinde zu fördern. Dies ist auch notwendig, um populistischen und radikalen Tendenzen entgegenzutreten. Denn obwohl wir in einer reichen Gesellschaft leben, obwohl die Bevölkerung im Landkreis München im Durchschnitt zu der wohlhabendsten in ganz Deutschland gehört, gibt die Gemeinde beträchtliche Summen dafür aus, die Folgen von Armut zu mildern oder ein Abrutschen in Armut zu verhindern. Ja, auch in Haar werden Menschen, ob jung oder alt, ob alleine lebend oder mit Familie obdachlos oder haben Probleme, die wirklich notwendigen Dinge des alltäglichen Bedarfs zu decken. Mit Armenhilfe, Haarer Tisch, Kindern eine Chance geben und anderen Maßnahmen versuchen wir, dieses etwas abzufedern. Selbstverständlich dienen auch die Zuwendungen für die sozialen Institutionen, Bildungs- und Kultureinrichtungen, das rege Vereinsleben sowie gemeind-liche Feste dazu, den Zusammenhalt zu fördern und lebendige Nachbarschaften zu ermöglichen.

Da wir für den Ausbau unserer baulichen Infrastruktur Kredite aufnehmen müssen, ist absehbar, dass in den nächsten Jahren kein großes Wachstum bei den laufenden Ausgaben mehr möglich sein wird. Dies wird für alle Zuschussempfänger, aber auch für die Gemeinderäte in Vorwahlzeiten eine ernsthafte Herausforderung werden. Denn es wird nicht darum gehen können, Lieblingsprojekte fristgerecht zum Wahljahr 2020 auf den Weg zu bringen, sondern sachgerecht und ohne Furcht Notwendiges zu tun. Deshalb das Motto für meine Haushaltsrede dieses Jahr: Bangemachen gilt nicht, Sprüchemachen zählt nicht.

 

 

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