Stecker-Solarmodule

Photovoltaik gehört mittlerweile zu den günstigsten Stromerzeugungsarten. Die weltweit sprunghaft gestiegene Nachfrage hat zu riesigen Produktionskapazitäten geführt, die Preise für Solarmodule sind in den vergangenen 10 Jahren um rund 90% gefallen. Damit dominieren bei Kleinanlagen inzwischen nicht mehr die Komponentenpreise die Gesamtkosten für eine Solaranlage, sondern die notwendigen Dienstleistungen (Bürokratie für Genehmigungen, Statiknachweis, Handwerkerleistungen etc.).

Die technischen Auflagen für die Errichtung von Photovoltaikanlagen sind stetig angestiegen, da immer mehr und immer größere Anlagen das Stromnetz zunehmend beeinflussen können. Parallel zeigte sich allerdings, dass diese komplexen und vorrangig für Anlagen im Kraftwerksmaßstab gedachten Regeln und bürokratischen Hürden für sehr kleine Anlagen zunehmend zum Killerkriterium wurden. Bei Kleinanlagen wird die erzeugte Energie überwiegend im eigenen Haushalt verbraucht und nicht in das öffentliche Netz eingespeist, die Rückwirkungen auf das Stromnetz sind entsprechend minimal.

Daher erlauben bereits seit Längerem mehrere europäische Länder, und seit April 2019 auch Deutschland, ein deutlich vereinfachtes Verfahren für Anschluss und Betrieb von sogenannten „Stecker-Solarmodulen“. Dabei wird, vereinfacht gesprochen, eine kleine Photovoltaikanlage nicht mehr wie bisher als Kraftwerk betrachtet, sondern wie ein übliches Haushaltsgerät mit Stecker für die Steckdose. Eine typische Anwendung sieht dabei so aus, dass einige wenige Solarmodule an die Balkonbrüstung gehängt werden und der für die Umwandlung des Modulstroms (Gleichstrom) in „Steckdosenstrom“ (Wechselstrom) notwendige Wechselrichter einfach in die meist vorhandene Außensteckdose des Balkons eingesteckt wird.

Umgangssprachliche Bezeichnungen für solche Anlagen lauten daher auch „Balkon-Module“ oder „Guerilla-Anlagen“. Der Montageaufwand beläuft sich dabei auf einen sehr niedrigen Betrag bzw. kann i.d.R. in Eigenleistung erbracht werden.

Ein ganz wesentlicher Vorteil dieser Balkonmodule besteht darin, dass sie ohne nennenswerten baulichen Aufwand angebracht und bei Umzug auch wieder entfernt und mitgenommen werden können. Damit sind sie auch für Mieter und Wohnungseigentümer geeignet, die zumindest in Städten den überwiegenden Bevölkerungsansteil stellen und denen die solare Energienutzung bisher nicht möglich war.

Eine typische, an einem Südbalkon angebrachte Stecker-Solaranlage mit einem Anschaffungspreis von rund 1.000 Euro erwirtschaftet über die Lebensdauer einen Gewinn von über 2.000 Euro. Sie bietet damit neben ökologischen Vorteilen auch eine wirtschaftlich hoch attraktive Rendite.

Welche Voraussetzungen, Vorschriften und Randbedingungen sind für die Aufstellung einer SteckdosenSolaranlage zu beachten?

  • Die maximale Einspeiseleistung einer solchen Anlage darf 600 Watt (für Profis: Scheinleistung von 600 VA) nicht übersteigen. Dies bezeichnet die Leistung, die der Wechselrichter maximal in die Steckdose einspeisen kann.

  • Die Wechselrichter müssen, wie jedes andere Elektrogerät auch, bestimmte Normen und Sicherheitsvorschriften erfüllen. Am Markt sind Geräte verschiedener Hersteller in Leistungsklassen von ca. 100 bis 500 Watt erhältlich, die alle geforderten Vorschriften erfüllen. Es dürfen so viele Wechselrichter kombiniert werden, bis die Obergrenze von 600 Watt Einspeiseleistung erreicht ist, aber natürlich ist auch eine kleinere Anlage zulässig. Auf der Gleichstromseite arbeiten diese Geräte mit niedrigen Spannungen (sog. „Schutzkleinspannung“) so dass von den Solarmodulen und den Kabeln zwischen Modul und Wechselrichter keine Gefahr ausgeht. Anders als bei Großanlagen müssen hier deshalb keine besonderen Sicherheitsvorschriften eingehalten werden.

  • Die Leistung der angeschlossenen Solarmodule ist nicht begrenzt. Bei einer technisch und wirtschaftlich vernünftigen Auslegung kombiniert man einen solchen 600 Watt – Wechselrichter mit ca. 700 bis 900 Watt-peak Solarmodulleistung. Das entspricht ca. 3,5 bis 5,5 m² Modulfläche und findet an jeder Balkonbrüstung Platz. Wer über keine sonnige Südfassade verfügt und nur Zugang zu weniger optimalen Aufstellflächen hat, kann auch mehr Modulleistung anschließen und damit trotzdem den gleichen Jahresertrag ernten wie bei optimaler Ausrichtung.

    Bemerkenswert ist, dass bei diesen Stecker-Solaranlagen im Gegensatz zu normalen Solaranlagen gem. Erneuerbare-Energien-Gesetz auch gebrauchte Solarmodule eingesetzt werden dürfen. Da in Deutschland mittlerweile seit 20 Jahren Solaranlagen errichtet werden und immer wieder Anlagen z.B. wegen Dachsanierung abgebaut werden müssen, existiert heute ein breites Angebot an preiswerten gebrauchten Solarmodulen. Das kann die Anschaffungskosten signifikant senken.

  • Steckdosen-Solarmodule sind zwar auch beim örtlichen Versorgungsnetzbetreiber (Stromversorgung Haar) anzumelden, jedoch muss dies nicht mehr wie bei EEG-Anlagen aufwendig und kostenintensiv durch einen Elektro-Meisterbetrieb erfolgen.

    Vielmehr darf die Anmeldung durch den privaten Betreiber selbst unbürokratisch anhand eines einfachen Formblatts erledigt werden. Wenn der Haushalt bereits über einen modernen elektronischen Zähler verfügt, müssen keinerlei Änderungen am Zählerplatz vorgenommen werden. Falls noch ein älterer Zähler (meist sog. Ferrariszähler mit schwarzem Gehäuse und einer Drehscheibe) in Betrieb ist und dieser über keine Rücklaufsperre verfügt, muss der Zähler ausgetauscht werden. Das erledigt die Stromversorgung Haar. Eine Umrüstung aller Haarer Haushalte auf moderne elektronische Zähler ist ohnehin bereits im Gange.

  • Die mechanische Montage der Module erfolgt typischer Weise mit Hilfe von einfachen Aluminium- oder Stahlprofilen, die mit tragenden Gebäudeteilen verschraubt werden und die Module halten. Die Montage kann in Eigenregie erfolgen, sofern sichergestellt ist dass die Module dauerhaft ausreichend fest verankert sind.

    Für den Montageort gibt es grundsätzlich keinerlei Einschränkungen, jedoch müssen allgemeine Bauvorschriften eingehalten und ggf. die Zustimmung des Gebäudeeigentümers oder der Wohneigentümergemeinschaft eingeholt werden. Damit kommen als Modulstandorte z.B. Balkonbrüstung, Dach, Fassade, Bodenverankerung im Garten oder Befestigung am Gartenzaun in Frage.

  • Eine elektrische Installation ist im Prinzip nicht notwendig, da der Wechselrichter mit vorinstalliertem Anschlusskabel und Stecker einfach in die nächstgelegene Steckdose gesteckt werden darf. Vor allem bei älterem Baubestand empfiehlt es sich jedoch dringend, vorher die vorgesehene Steckdose und den zugehörigen Stromkreis auf einwandfreien Zustand und ausreichende Dimensionierung überprüfen zu lassen. Ggf. empfiehlt es sich, für wenige Euro eine alte Steckdose durch eine robuste Einspeise- Steckdose zu ersetzen.

Wie hoch sind die Kosten für SteckdosenSolarmodule?

Bei Solaranlagen ist die Bezugsgröße für den Preis nicht die Modulfläche oder die Anzahl der Module, sondern die elektrische Leistung der Anlage. Die Frage nach den Kosten für ein Solarmodul ist daher vollkommen ungeeignet für Preisvergleiche, da einzelne Module für derartige Anwendungen zwischen 100 und über 400 Watt-peak haben können. Selbst bei gleichen Abmessungen von üblicher Weise ca. 1 m x 1,65 m schwanken die Leistungen je nach Technologie und Anbieter noch zwischen 200 und 350 Watt-peak. Generell gilt: Je höher der Wirkungsgrad, also die Leistung pro Quadratmeter, desto teurer ist ein Modul. Die effizientesten Module erreichen 20% Wirkungsgrad und benötigen damit 0,5 Quadratmeter pro 100 Watt-peak. (Gebrauchte) Module älterer Bauart haben mit bis zu 0,85 Quadratmeter pro 100 Watt- peak einen deutlich höheren Flächenbedarf. Premium-Module der neuesten Generation sind aus Doppelglas gefertigt (ähnlich Sicherheitsglas), sehen mit z.B. durchgehend dunkelblau-schwarzer Farbgebung sehr elegant aus und können sogar auf beiden Seiten Sonnenlicht aufnehmen. Sie bieten sich damit beispielsweise auch als Sichtschutzwand auf Balkonen oder in Gärten an.

Komplette Anlagenpakete mit allen notwendigen Komponenten (Module, Haltekonstruktion, Wechselrichter, Kabel) sind für rund 90 bis 150 Euro brutto pro 100 Watt-peak erhältlich. Die größte sinnvolle Anlagenkonfiguration für einen Südbalkon oder ein Süddach mit 600 Watt Wechselrichterleistung und ca. 750 Watt-peak Modulleistung kommt damit auf ca. 900 Euro brutto Materialpreis plus ca. 100 Euro Installationskosten, in Summe also rund 1.000 Euro.

Welchen Nutzen bringt eine solche Anlage?

Die ideale Modulaufstellung zeigt nach Südosten bis Südwesten bei einer Neigung von ungefähr 10 bis 45°. Damit können um die 100 Kilowattstunden (kWh) pro 100 Watt-peak Modulleistung und Jahr erzeugt werden. Kilowattstunden sind die Einheiten, die vom Stromzähler angezeigt und vom Energieversorger in Rechnung gestellt werden. Die oben genannte Anlagenkonfiguration mit 600 Watt / 750 Watt-peak erzeugt an einem unverschatteten Südbalkon bei annähernd senkrechter Anordnung der Module an der Balkonbrüstung (Annahme: Leichte Neigung von 10° gegen die Senkrechte) ca. 80% des theoretischen Maximums und kommt damit auf 600 kWh pro Jahr.

Bei einem durchschnittlichen Stromverbrauch von rund 1.000 kWh pro Person können damit also 60% des jährlichen Stromverbrauchs erzeugt werden. Die CO2-Reduktion gegenüber dem Bezug von handelsüblichem „Graustrom“ beträgt um die 300 kg pro Jahr und summiert sich bei 25 Jahren Lebensdauer auf beachtliche 7,5 Tonnen.

Wirtschaftlich vermeidet jede selbst erzeugte und verbrauchte Kilowattstunde den Kauf beim Energieversorger für ca. 30 cent. Allerdings kann in der Regel nicht sämtliche erzeugte Energie sofort im Haushalt verbraucht werden. Wenn beispielsweise an einem sonnigen Frühlingstag die Solaranlage 500 Watt leistet, aber sämtliche Bewohner außer Haus sind und nur ein Kühlschrank Energie verbraucht, wird der überschüssige Strom automatisch in das öffentliche Netz eingespeist. Im Gegensatz zu EEG-Anlagen wird dieser Strom leider nicht vergütet, sondern an den örtlichen Versorger verschenkt. Dies ist der Preis für das im Gegenzug wesentlich einfachere Anschlussverfahren ohne laufende Kosten und zusätzliche Zählergebühren.

Wieviel Prozent der erzeugten Energie tatsächlich selbst verbraucht werden, hängt von der Anlagengröße sowie der Menge und zeitlichen Verteilung des Energiekonsums im Haushalt ab. Die Quote kann durch eigenes Verhalten deutlich verbessert werden, z.B. indem die Waschmaschine tagsüber, am besten während der einstrahlungsstarken Mittagszeit, betrieben wird. Neuere Maschinen verfügen über entsprechende Programmierfunktionen, bei älteren Maschinen kann eine Zeitschaltuhr für unter 10 Euro zwischen Steckdose und Waschmaschinenstecker eingesetzt werden.

Im Folgenden gehen wir exemplarisch von 70% Eigenverbrauch aus. Damit wird im Rechenbeispiel der Bezug von 0,7 x 600 kWh = 420 kWh zu je 30 cent pro kWh vermieden. Die jährliche Ersparnis bei der Stromrechnung beträgt also 126 Euro.

Bei angenommenen Anschaffungskosten von 1.000 Euro hat sich die Anschaffung damit binnen knapp 8 Jahren amortisiert. Bei einer Lebensdauer von 25 Jahren erwirtschaftet die Anlage ein Plus von 2.150,- Euro.

Wie könnte die Gemeinde effektiv unterstützen?

  • Die Gemeinde könnte zentral für ganze Wohnblöcke (z.B. im Jagdfeldviertel) die Genehmigung zur Installation vom Eigentümer einholen. Hier verfügt die Gemeinde sicher über eine bessere Überzeugungsbasis als jeder einzelne Mieter und die Bereitschaft des Eigentümers dürfte steigen, wenn nicht hunderte Mieter einzeln über Monate hinweg anfragen. Aufwand und Kosten für die Gemeinde sind im Verhältnis zum Nutzen minimal.

  • Die Gemeinde könnte zentral für ganze Wohnblöcke oder Quartiere eine Musterstatik für typische Montagearten (Befestigung an Balkonbrüstung, Fassade) erstellen lassen, die dann allen interessierten Bürgern zur Verfügung gestellt wird.

  • Die Gemeinde könnte Sammelbestellungen für die Komponenten organisieren.

  • Die Gemeinde könnte Sammelbestellungen bei Elektromeistern organisieren, um gebündelt und standardisiert die Überprüfung von Balkon-Steckdosen und Stromkreisen in ganzen Wohnblocks vorzunehmen. Zum einen steigt damit die Chance, im momentanen Bauboom überhaupt einen Handwerker für solch einen Kleinstauftrag zu bekommen, zum anderen sinken die Preise dadurch dramatisch, weil bei Einzelbeauftragung i.d.R. die Anfahrtskosten höher als die evtl. notwendigen Arbeitskosten sein werden.

  • Die Stromversorgung Haar könnte möglichst einfache, standardisierte Anmelde-Formulare samt Ausfüll-Anleitung anbieten und unkompliziert (und natürlich kostenlos, weil früher oder später ohnehin Pflicht) die Zähler tauschen wo nötig. Schön wäre ggf. auch eine Hotline für Fragen.

Autor: Klaus Gehrlicher und gerne ansprechbar für weiterführende Fragen