Themenabend Energiewende

Beim Themenabend Energiewende des Ortsverbandes der Grünen am 30.1.25 konnten sich die Haarer Bürgerinnen und Bürger nicht nur über verschiedene Themen rund um die Energiewende informieren,  sondern auch selbst Ideen einbringen und mit Experten diskutieren. Mit gut 35 Gästen war der Abend sehr gut besucht.

Im Einführungsvortrag stellte Claudia Koller,  Sprecherin des Ortsverbandes, die Energiethemen aus dem Wahlprogramm zur Bundestagswahl vor. Neben der Stärkung der Wirtschaft und der Umstellung auf erneuerbare Energien für Wärme und Mobilität ist vor allem der sozial gerechte Klimaschutz ein Kernthema des Wahlprogramms.

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Zweiter Referent des Abends war Hermann Ramsauer von der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Energie der bayerischen Grünen. Er gab eine Einführung in die Energieversorgung in Bayern und in Deutschland. In Bayern kam 2023 bereits ~70% des erzeugten Stroms aus erneuerbaren Quellen. Hier zeigt sich, dass im Winter über die Windkraft die fehlende Solarenergie bereits jetzt mehr als ausgeglichen wird. Windkraft ist daher auch in Bayern ein wichtiges Mittel, um den CO2-Ausstoß weiter zu senken. Aus den gezeigten Grafiken ließ sich auch herauslesen, dass der CO2-Ausstoß in den letzten drei Jahren – also seit Beginn der Ampelkoalition – rapide gesungen ist und auch weiter zurückgeht. Wir sind hier auf einem guten Weg.

Als Experte für Balkonsolaranlagen und Mieterstrom war Stefan Huber eingeladen, Mitglied des Vereins Solar2030.

Stadtrat Mike Seckinger führte als Moderator durch den Abend und erläuterte das Format „World Cafe“. An vier Thementischen wurde jeweils ein Thema in kleinen Gruppen diskutiert. Die Teilnehmenden hatten die Gelegenheit, den Tisch zu wechseln, und so je zwei der Themen zu besprechen. Dabei kamen einige Wünsche und Anregungen von den Bürgerinnen und Bürgern.

 
  • Stromversorgung in Deutschland: Netzausbau und regenerative Energien
    • Der Wegfall der Kernenergie konnte vollständig durch erneuerbaren Strom ausgeglichen werden.
    • Der Strompreis ist in den letzten drei Jahren gefallen und liegt inzwischen unter dem Preis von vor 2020.
    • Die Kaltreserve, also die in Deutschland vorgehaltenen Gaskraftwerke, die im Notfall einspringen, um die Stromversorgung sicherzustellen, könnten auch genutzt werden, um Spitzen im Strompreis abzufangen wie während Dunkelflauten wie am 11. und 13.12. letzten Jahres. Das ist derzeit gesetzlich nicht erlaubt, die Kraftwerke dürfen nur anlaufen, wenn die Stromversorgung bedroht ist – nicht wenn es nur teuer wird. Das Gesetz stammt noch aus der Ära Merkel und könnte durchaus geändert werden.
    • Kernkraftwerke lassen sich nicht wirtschaftlich betreiben. Selbst in Frankreich hat der Rechnungshof den Staat gerügt, weil er so viel Geld in die Kernenergie steckt. Diese ist hoch subventioniert, kostet den französischen Steuerzahler also sehr viel Geld.
    • Bei der Entsorgung von alten Solaranlagen wird derzeit nicht so viel Material  recycled, wie technisch möglich wäre. Die gesetzlich vorgegeben Recyclingquote geht nach Gewicht und wird bereits erfüllt, wenn nur das Glas wiederverwendet wird. Daher gehen Silber und weitere Materialien verloren.
    • Durch die Elektrifizierung von Verkehr und Wärme (Elektroauto, Wärmepumpen) gibt es auch Effizienzgewinne. Es werden weniger Kilowattstunden Energie gebraucht für das gleiche Ergebnis.
    • Bei der Stahlerzeugung gibt es neue Geschäftsmodelle, die ermöglichen würden mit weniger Energiebedarf Legierungen zu erzeugen. Diese wären dann über regenerative Energien machbar.
    • Es sollte keine automatisierte Abschaltung von kleinen Solaranlagen und Selbstversorgern geben, damit nicht Selbstversorger gezwungen sind, teuren Strom zu kaufen, weil die eigene Anlage zwangsabgeschaltet wurde.
  • Strom selbst erzeugen: Balkonsolaranlagen und Mieterstrom
    • Quartiers-Stromspeicher wie in München Nord könnten es Siedlungen ermöglichen, den tagsüber erzeugten Solarstrom für die Nacht zwischenzuspeichern. Das sollte bei künftigen Gebieten mit bedacht werden in der Planung.
    • Es gibt im Pilotbetrieb in Bayern bereits eine Gemeinde mit einem virtuellen Stromnetz und großen Batteriespeichern. Einige Industriebetriebe sowie Wohnbebauung sind Teil dieses Netzes. Über Solar erzeugter Strom wird gespeichert und genutzt. Die beteiligten Industriebetriebe passen ihre Produktion an die Energieerzeugung an, um den Solarstrom optimal zu nutzen.
    • In Spanien gibt es ein Gesetz, dass die Eigennutzung des Stroms auch über Grundstücksgrenzen erlaubt innerhalb eines Quartiers. So etwas ähnliches sollte auch in Deutschland angestrebt werden, da es den die Nutzungsmöglichkeiten von Solaranlagen für Eigentümer- wie Mietergemeinschaften deutlich erleichtert.
    • Bei Modernisierungen wie bei Neubauten sollte in der Bauplanung bereits soweit wie möglich seitens der Stadt Haar darauf hingewirkt werden, Solaranlagen und Speicher einzubauen.
    • Um die Einrichtung von Balkonsolaranlagen zu erleichtern, wäre ein gemeinsamer Einkauf über die kommunale Verwaltung wünschenswert. So könnte sowohl die Qualität und Sicherheit geprüft werden als auch ein einheitliches Aussehen erreicht werden, was in Siedlung besser aussieht. Ebenso könnte eine Börse für die Wiederverwendung gebrauchter Solarmodule eingerichtet werden.
  • Wärmeversorgung: Wärmepumpen und Geothermie
    • Zur Geothermie bestand der Wunsch an die Stadträte, mehr Informationen bereitzustellen, welche Gebiete und Gebäude zum Anschluss eingeplant sind und was an Kosten auf die Abnehmer zukommt.
    • Die Möglichkeit zum interkommunalen Anschluss soll geprüft werden, also ob z.B. Salmdorf an die Geothermie der Stadt München angeschlossen werden kann.
    • Geothermie und Fernwärme lohnen sich nur für große Verbraucher und Häuser, die bei den Leitung zu diesen großen Verbrauchern am Wegesrand liegen. Es lohnt sich nicht in Gegenden mit Gartenstadtcharakter, hier sind Wärmepumpen die sinnvollere Lösung.
    • Geothermie benötigt weiterhin (Gas-)Kraftwerke, um die Leistungsspitzen abzufangen.
    • Fossile Heizungen sollten weiter genutzt werden, solange sie funktionieren und erst gegen Alternativen ausgetauscht werden, wenn es nötig wird.
    • Eine Luft-Luft-Wärmepumpe ist auch dann schon als Zusatzheizung sinnvoll, wenn sie nicht den kompletten Bedarf im Winter abdecken kann.
    • Moderne Wärmepumpen erzeugen nicht mehr viel Lärm, sie sind leiser und inzwischen auch besser gedämmt.
    • Es gibt eigene Stromtarife für Wärmepumpen, allerdings kommen die Energieversorger nicht immer hinterher, auch die dafür notwendigen Smart Meter einzubauen.
    • Es besteht der Wunsch, als Mieter:in Einfluss zu nehmen auf die Heizmethode. Das ist derzeit gesetzlich nicht möglich. Daher sind Mieter:innen darauf angewiesen, dass die jeweiligen Immobilienbesitzer:innen auf alternative Heizungen umstellen.
  • Stromversorgung vor Ort: Solarpark in Haar, Windräder und Bürgerbeteiligung
    • Es wäre für künftige Projekte wünschenswert, wenn die Bürgerbeteiligung nicht nur in Form eines Darlehens erfolgen könnte, sondern in Form einer Genossenschaft mit echter Mitbestimmung
    • Die Nutzung der Solaranlage in Salmdorf als Weidefläche wurde sehr begrüßt. Es ist allerdings keine Agri-PV im Sinne des EEG, da ein paar Bedingungen nicht erfüllt werden.
    • Auch beim Solarpark bestand der Wunsch an die Stadträte, mehr Informationen bereitzustellen, z.B. über einen Artikel auf der Homepage.
    • Der lokale Strommarkt könnte gesetzlich besser geregelt werden, sodass die Zusammenarbeit zwischen Betreibern und Stromversorgern vereinfacht wird und der Aufbau smarter Grids auf kommunaler Ebene erleichtert wird.

Die erarbeiteten Ergebnisse werden in die nächste Sitzung der Landesarbeitsgemeinschaft Energie der bayerischen Grünen einfließen. Diese steht im engen Austausch mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Energie, die wiederum direkt unsere Entscheidungsträger in Bundestag und Regierung berät.

Ebenso werden die Ergebnisse von unseren Haarer Stadträten bei Projekten in Haar sowie in der künftigen Stadtplanung eingebracht. Wir haben einige Arbeitsaufträge aus dem Themenabend mitgenommen.

Es war ein sehr informativer Abend und alle Anwesenden waren sehr engagiert an den Diskussionen beteiligt. Das Diskussionsformat hat sich bewährt, so sieht lebendige Demokratie aus.

Der nächste Themenabend ist geplant zum Thema Wirtschaftsentwicklung am 13.2.24, 19 Uhr, im kleinen Bürgersaal, Kirchenplatz 1. Wir freuen uns bereits auf regen Besuch!

 

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