Photovoltaik-Freiflächenanlagen stellen eine sehr effiziente Art der regenerativen Energieerzeugung dar. Der jährliche Ertrag an elektrischer Energie pro Hektar beträgt rund 1 Mio. Kilowattstunden und ist somit mehr als 50 mal höher als die auf der gleichen Fläche über Biomasse erzielbare Energieausbeute. Außerdem liegen die Erzeugungskosten mit rund 5 Cent pro kWh deutlich niedriger.
Umfangreiche Studien aus den letzten 20 Jahren zeigen zudem, dass sich in Solarparks im Laufe der Jahre wertvolle Biotope ausbilden, da diese Flächen weder gedüngt noch mit Herbiziden oder Fungiziden gespritzt und maximal zweimal pro Jahr gemäht werden.
Trotz dieser offensichtlichen Überlegenheit haben sich die Bauernverbände in den letzten Jahren zu Gegnern dieser Anlagen entwickelt. Hintergrund ist dabei weniger der tatsächliche Flächenverbrauch in Konkurrenz zu intensiver Landwirtschaft (im Vergleich zu beispielsweise Maisanbau für Biogasanlagen ist der Flächenverbrauch minimal), sondern vielmehr das wirtschaftliche Signal der höheren Pachtzahlungen, die durch PV-Betreiber aufgrund der wesentlich höheren Effizienz gezahlt werden können. Während sich der landwirtschaftliche Pachtzins in Deutschland in der Größenordnung von ca. 150-350 € pro Hektar bewegt, werden für PV-Flächen mit geeigneten Randparametern (z.B. nahegelegener Verknüpfungspunkt zum öffentlichen Netz) bis zu 1.000 € pro Hektar geboten.
Für kleinere bäuerliche Betriebe, die ohnehin hart um das wirtschaftliche Überleben kämpfen müssen und wenig Subventionen erhalten, stellt die Verpachtung an PV-Betreiber oder der Betrieb einer eigenen Freiflächen-Solaranlage inzwischen häufig ein sehr wichtiges finanzielles Standbein dar. Für Großbetriebe jedoch, die hunderte oder gar tausende Hektar bewirtschaften und diese zu einem erheblichen Teil anpachten müssen, bedeutet bereits eine geringfügig höhere Pachtzahlung eine Gefährdung ihres gesamten Geschäftsmodells.
Einfach formuliert lief der Konflikt die letzten Jahre also auf die Frage hinaus, ob auf einer Fläche landwirtschaftliche Großbetriebe Geld mit einer Biogasanlage verdienen oder Flächenverpächter und PV-Betreiber mit einer PV-Anlage. Angeheizt wurde dieser Streit 20 Jahre lang durch die Gesetzgebung, die die Doppelnutzung einer Fläche für Feldbau und Energienutzung explizit nicht erlaubte.
Erfreulicher Weise definiert das Anfang 2021 in Kraft getretene „Erneuerbare Energien Gesetz 2021“ nun erstmals ein Kontingent für eine neue Anlagenklasse „Agri-PV“, d.h. die Doppelnutzung von Flächen für Photovoltaik und gleichzeitige landwirtschaftliche Nutzung wird innerhalb dieses limitierten Kontingents ausdrücklich verlangt.
Durch geeignete konstruktive Ausgestaltung der Unterkonstruktion und angepasste Modulbelegung und Schattenwurf können so Flächen unterhalb einer höher aufgeständerten Solaranlage oder zwischen senkrecht stehenden Modulfeldern weiterhin für Feldbau genutzt und mit üblichem landwirtschaftlichen Gerät maschinell bewirtschaftet werden.
Versuche zeigen, dass bei Auswahl geeigneter Pflanzen der Ertrag sogar leicht steigen kann. Bei in Deutschland üblichen Feldfrüchten variiert der Ertrag je nach Art und Sorte dabei grob im Bereich von -10 % bis +10 % im Vergleich zu konventionellem Feldbau.
Zudem sieht das EEG 2021 auch die Vergütung von Strom aus schwimmenden PV-Anlagen vor. Dies eröffnet ein nicht zu unterschätzendes Potenzial an Wasserflächen in Form von Baggerseen aus ehem. Kiesgruben oder gefluteten Braunkohle-Tagebaugruben.
Für ländliche Kommunen gelingt es nicht selten, mit nur einer einzigen großen Freiflächen-Anlage den gesamten Stromverbrauch der Gemeinde umweltschonend zu decken und sogar zum Netto-Exporteur von sauberem Strom zu werden.
Aber auch für Kommunen in Ballungsgebieten mit deutlich weniger Flächenangebot finden sich häufig zumindest einige Hektar an geeigneter Fläche, die aufgrund der überlegenen PV-Effizienz schnell einen signifikanten Anteil des Energieverbrauchs innerhalb der Gemeinde decken können.
Innerhalb der Gemeinde Haar bieten sich mehrere konkrete Handlungsfelder an:
- Ansprache der Eigentümer aktuell bewirtschafteter, landwirtschaftlicher Flächen zur Abklärung von Interesse an Verpachtung oder Doppelnutzung durch Agri-PV
- Ansprache der Eigentümer von ausgekiesten und zur Rekultivierung anstehenden Flächen am Quetschwerk
- Überlegung zu einer hoch aufgeständerten Agri-PV-Anlage auf den gemeindlichen Flächen des Grünzugs von Eglfing nach Salmdorf. Durch waagerechte Modulanordnung wird die gewünschte Frischluftzufuhr nicht behindert. Alternativ könnten Wege innerhalb des Parks mit PV-Modulen überdacht und somit Parkbesucher vor Regen und Schnee geschützt werden
- Repowering der bestehenden Freiflächenanlage in Salmdorf in 2028 und damit Verdoppelung der Leistung und Energieerzeugung (dazu ist eine Verlängerung des Pachtvertrages der gemeindlichen Fläche erforderlich)
- Eruierung der Möglichkeit für eine schwimmende PV-Anlage auf dem Baggersee am Quetschwerk
Weiterführende Information: Agri-Photovoltaik: Chance für Landwirtschaft und Energiewende, Fraunhofer ISE, Oktober 2020
Autor und Ansprechpartner: Klaus Gehrlicher