Rede von Dr. Mike Seckinger zum Gemeindehaushalt 2020

Wir dokumentieren die Rede unseres Fraktionssprechers Mike Seckinger, die er in der Haushaltssitzung des Haarer Gemeinderats am 26.11.2019 gehalten hat:

Liebe Frau Bürgermeisterin,
sehr geehrte Damen und Herren des Gemeinderats,
sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,
sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Presse,

als erstes geht mein Dank an die Kolleginnen und Kollegen in der Verwaltung für die hervorragende Zusammenarbeit bei der Aufstellung des Haushalts 2019. Mein Dank gilt ebenfalls den anderen Fraktionen für die gute Kooperation bei den Vorbesprechungen.

Verantwortung übernehmen

Die allseits bekannte Ausgangslage hat sich kaum verändert: Der Großraum München bleibt Boomregion; es findet ein sozialer Verdrängungswettbewerb statt ; die Anforderungen an die Kommunalpolitik steigen und die in den letzten Jahren verlässlichen Einnahmequellen scheinen zukünftig etwas zu schwächeln. Für Haar ist das mehr als eine vage Prognose da sich die Zusammensetzung unserer Gewerbesteuerzahler verändert. Die stetig steigende Einkommenssteuer – auch ein Effekt des Bevölkerungswachstums – federt dies zum Glück etwas ab.

Blickt man in den Haushaltsplan für das Jahr 2020, so werden daran mehrere Dinge deutlich, Ausgaben für Bildung, Soziales und Kultur steigen und werden in Zukunft weitersteigen (einige Stichwörter hierzu: Rückkehr zu G9, Ausbau Ganztag esbetreuung, Realschule, Mangel an bezahlbarem Wohnraum, ein zum Glück reges Vereinsleben , wachsende Bedarfe der Feuerwehr). Gleichzeitig baut die Gemeinde im beträchtlichen Umfang gemeindliches Vermögen auf, in dem in Gebäude und insbesondere in Wohnungen – sei es direkt wie im ehemaligen Maria-Stadler-Haus oder indirekt über das Kommunalunternehmen Wohnungsbau Haar – investiert wird. Weichenstellungen hinsichtlich Gewerbeentwicklungen und einem klugen und zukunftsorientierten Mobilitätskonzept stehen an, um gemeinsam mit Rahmenplanungen für einzelne Gebietsteile die Entwicklung zu gestalten. Aus grüner Perspektive fehlen  jedoch Impulse zur einer ökologischeren Ausrichtung – doch dazu später.

Boomregion zu sein, bedeutet: es gibt einen wachsenden Bedarf an Wohnraum, an Kindertagesstätten, an Schulen, an Gesundheitsdienstleistungen, an Pflegeeinrichtungen, an Kultur, an ÖPNV, an Platz für Naherholung und Sport, an Angeboten zur Förderung von Nachbarschaften und sozialer Integration, eine verschärfte Konkurrenz zwischen den Belangen des Naturschutzes auf der einen Seite und vielfältigen anderen Interessen auf der anderen Seite. Die Liste ist bei weitem noch nicht vollständig, aber alle genannten Themen haben eine hohe kommunalpolitische Relevanz. Eine Gemeinde, die bereit ist, Verantwortung zu tragen, Verantwortung für die Bürger in der Gemeinde, für die Region , in der die Gemeinde sich befindet, und für gesamtgesellschaftliche Entwicklungen, stellt sich den Folgen, die mit der privilegierten Lage im Großraum München einhergehen und läuft nicht davon. Sie  nutzt ihre Möglichkeiten zur Gestaltung. Man hört immer wieder Vorschläge, die von der Illusion getragen sind, man könnte sich als Kommune von solchen Entwicklungen abkoppeln. Unsinn! Es geht vielmehr darum, Entwicklungen zu fördern, die Haar zu einer  Gemeinde machen, in der man sich auch zukünftig wohlfühlt, egal ob arm oder wohlhabend, jung oder alt, mit oder ohne  Migrationshintergrund, weiblich, männlich oder divers, …

Verantwortung übernehmen bedeutet also, in den Ausbau der sozialen und kulturellen Infrastruktur zu investieren und dabei nachhaltig zu gestalten und zu bauen. Dies spiegelt sich im Haushaltsplan für das Jahr 2020 wider:

  • Es sind die Anstrengungen eines bedarfsgerechten Ausbaus des Angebots für die Haarerinnen und Haarer sichtbar, also z.B. mehr Kinderbetreuung, ein vielfältiges Angebot für die Jugend, ein lebendiges Kulturleben, attraktive Sportangebote oder Unterstützungsangebote, für all diejenigen, die auf Hilfe angewiesen sind.
  • Es wird in den Wohnungsbau und in die Steigerung des kommunalen Vermögens investiert.
  • Erste Schritte, um die Ergebnisse der Diskussion zum Mobilitätskonzept zu realisieren und einen Beitrag zum Abbau von verkehrlichen Belastungen zu leisten, finden im Haushaltsplan ihren Niederschlag.
  • Und es werden Arbeitsbedingungen so gestaltet, dass wir Chancen haben, ausreichend viel und gut qualifiziertes Personal für die anstehenden Aufgaben einstellen zu können.

Verantwortung übernehmen, beinhaltet für uns Grüne selbstverständlich auch die Frage danach, wie gut gelingt es uns, die Belastungen für die Umwelt zu reduzieren und damit die Welt für all diejenigen, die nach uns kommen, zu bewahren. Wir haben auf kommunaler Ebene einen neuen Klimamanager und werden sehen, welche Impulse er wird setzen können. Die Gemeinde hat 2019 einen Umweltpreis erhalten, langfristige, oftmals wenig spektakuläre einzelne Schritte waren erforderlich, damit am Ende die Qualität erreicht werden konnte, auf die der Preis aufmerksam macht. Wir sollten an solchen nachhaltigen Strategien festhalten. Nichtdestotrotz sind auch weitergehende Maßnahmen erforderlich. Die Gemeinde braucht in Zukunft wieder ein Energiesparförderprogramm und mehr Photovoltaik-Anlagen, wir brauchen Regelungen für autofreies oder autoarmes Wohnen, Bebauungspläne müssen mal wieder in Bezug auf Festsetzungen zugunsten des Umweltschutzes überprüft und evtl. angepasst werden. Das Mobilitätskonzept wird seinen Zweck nicht erfüllen, wenn es in seiner Ausrichtung die Fatamorgana „Autobahnparallele“ in den Mittelpunkt stellt. Verantwortung übernehmen heißt hier konsequent den Fuß- und Radverkehr zu fördern sowie den ÖPNV weiter auszubauen. Bei anderen ökologischen Projekten, die auf Dauer auch den Haushalt der Gemeinde entlasten würden, wie die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED, werden wir durch fehlende Kapazitäten sowohl in der Gemeindeverwaltung als auch bei umsetzenden Firmen ausgebremst.

Der Haushaltsplan 2020 zeigt, die Gemeinde Haar übernimmt Verantwortung, die Entwicklungen in der Region mitzugestalten, auch wenn die finanzielle Lage angespannt ist. Es ist unsere Aufgabe als Grüne, dafür zu sorgen, dass dabei ökologische, soziale und kulturelle Themen zukünftig nicht zu kurz kommen.

Dr. Mike Seckinger
Fraktionssprecher von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN

 

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