
von Ulrike Olbrich
In Haar soll der bisher namenlose Platz vor dem Bürgersaal “getauft” werden. Seitdem Bündnis 90/Die Grünen in der Gemeinderatssitzung vom 13. April 21 vorschlugen, den Platz Bürger*innenplatz zu benennen, schlägt das Thema hohe Wellen. Am 15. April meinte die SZ: „Hat die Gemeinde Haar vielleicht bald einen Platz, dessen Namen man politisch korrekt mit Gendersternchen schreibt?“ und der Münchner Merkur fragte: “Genderwahnsinn oder geniale Idee?“. Die Diskussion im Netz waren etwas direkter und beinhaltete auch qualifizierte Meinungsbeiträge wie “Schmarrn” und “Dachschaden”.
Wir freuen und sehr, dass wir eine bisher lustlos dahindümpelnde Debatte belebt und pointiert haben, denn wir sehen sehr gute Gründe für unseren Vorschlag: Da eine Mehrheit im Gemeinderat für die Benennung dieses Platzes votierte und damit auf jeden Fall ein Schild gedruckt werden wird, sehen wir die demokratische Notwendigkeit für einen Namen, der unserer vielfältigen und lebenswerten Gemeinde gerecht wird. Die Benennung ist ein wichtiges Zeichen, auch wenn man immer behaupten kann, dass wir andere und größere Probleme hätten als die Gendersternchen-Frage. Uns ist es wichtig, mit einem “Bürger*innenplatz” Menschen sichtbar zu machen und und zu würdigen, die täglich mit Benachteiligung, Vorurteilen, Diskriminierung und Schlimmerem konfrontiert sind. Ein Name allein wird dies zwar nicht beenden, aber er soll zeigen, dass wir uns als Gemeinde aktiv damit auseinandersetzen, uns zu allen Menschen in ihrer großen Vielfalt bekennen und zugunsten dieser Diversität an zentraler Stelle ein Zeichen setzen.
Uns wurde auch vorgehalten, eine „Elitendebatte“ zu führen, aber das ist diese Idee wirklich nicht. Denn der Begriff „Bürger*innen“ betrifft faktisch mehr als die Hälfte unserer Gesellschaft – Frauen, Diverse, Transpersonen, Menschen, die sich nicht auf ein Geschlecht reduzieren lassen wollen und viele mehr. Und die Frage des Genderns wird gerade intensiv in der gesamten Gesellschaft geführt. Schon heute hören und lesen wir diese neuen Sprachformen täglich: Eine neue Idee ist gerade dabei, sich in unserem Alltag zu etablieren. Sprache ist ein lebendiger Kosmos, sie verändert sich ständig und wirkt gleichzeitig stark sinnstiftend. Nur ein kleines Beispiel: An wie viele Astronautinnen denkt man/frau bei der Berufsbezeichnung Astronaut? Zahlreiche Studien belegen, dass gerade diese vermeintlich neutralen Begriffe veraltete Rollenbilder zementieren. Wir haben die Vision einer toleranten und gerechten Welt für alle Menschen, und möchten dafür in Haar dieses wichtige Zeichen setzen: den Bürger*innenplatz!
PS: Für alle, die Bedenken wegen der Aussprache haben: Wer Worte wie „Himbeereis“ oder „Spiegelei“ aussprechen kann, benutzt genau den Glottisschlag, den das Gendersternchen in der Aussprache erfordert.
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