Neues aus dem Gemeinderat – 23. Mai 2023

In der Gemeinderatssitzung am 23. Mai 2023 berichtete der Bürgermeister, dass es im Herbst deutlich zu wenig Kitaplätze geben wird. Dies war aus unserer Sicht schon länger absehbar, weshalb wir auch eine Presseerklärung dazu veröffentlicht haben.

Das Klinikum München Ost (kbo) beantragte, einen Platz nach Gerhard Schmidt zu benennen, dem ersten Direktor, der nach dem zweiten Weltkrieg die Klinik leitete: Gerhard-Schmidt-Platz. Herr Schmidt wurde damals von den Alliierten eingesetzt und hatte die schwere Aufgabe das Klinikum zu führen, aber auch die Verstrickungen der Mitarbeitenden im Naziregime aufzuarbeiten. Nach den bekannten Unterlagen und auf Grundlage von zwei Gutachten ist davon auszugehen, dass Herr Schmidt nicht vorbelastet war und daher ein geeigneter Kandidat für diese Aufgabe war. Es stellte sich aber schnell heraus, dass er von den anderen Ärzten und der Verwaltung (Regierung von Oberbayern) bei dieser Aufarbeitung massiv behindert worden ist. Sein Nachfolger wurde Anton Edler von Braunmühl, nach dem lange Zeit eine Straße in Haar benannt war. Wir sind froh, dass nun ein Platz nach Herrn Schmidt benannt worden ist, sowie die Braunmühl-Straße vor einiger Zeit in Max-Isserlin-Straße umbenannt worden ist. Anbei noch ein Ausschnitt aus dem Antrag:

„Prof. Dr. Gerhard Schmidt war von 1945 bis 1946 Ärztlicher Direktor der damaligen Anstalt Eglfing-Haar. Er hat sich u.a. dem Aufarbeiten der Verbrechen der Krankenmorde gewidmet und wurde später wegen seiner Verdienste vielfach ausgezeichnet. In Haar ist er leider unrühmlich aus dem Dienst entfernt worden. Ein Gutachten des Instituts für Zeitgeschichte zu seiner Person legen wir bei.

Im Zuge unserer Bestrebungen zur NS-Erinnerungskultur ist es uns ein Anliegen, Prof. Dr. Gerhard Schmidt zu würdigen. Deswegen beabsichtigen wir, den Platz zwischen der Kirche und der Zentralen Aufnahme 56VS als Gerhard-Schmidt-Platz auszuweisen. Städtebaulich würde dies keine tiefgreifenderen Folgen haben, es gibt keine betroffenen Anwohner und auch Informationssysteme sind davon nicht berührt.“

Die Fachoberschule (FOS) in Haar widmet sich ebenfalls dem Thema Euthanasie im dritten Reich. Sie haben in einer Projektgruppe recherchiert, dass in Haar 332 Kinder im Klinikum der willkürlichen Ermordung zum Opfer fielen. Zum Gedenken an diese Kinder wollen sie, zusammen mit anderen Schulen, ein Denkmal errichten, das auf der Wiese am Kleinen Theater neben dem dort schon bestehenden Denkmal „Restlicht“ aufgestellt werden soll. Das Denkmal besteht aus 332 Steinen, die jeweils den Namen eines Kindes tragen. Die Steine werden von Gabionen gehalten und in der Mitte zusätzlich mit Blumen bepflanzt. Die Gitter der Gabionen und die Blumen stehen im Widerspruch zueinander, was hier bewusst Spannung und Brüche symbolisieren soll.

Beide Vorschläge wurden vom Gemeinderat positiv aufgenommen und einstimmig unterstützt. Alle waren sich einig, dass dies auch nach mehr als 70 Jahren ein Thema ist, das nicht vergessen werden darf und weiterhin in der Erinnerung und Aufarbeitung wachgehalten werden muss.

Ein weiteres Thema war die WC-Anlage am Bahnhof. Wie sicherlich schon viele gesehen haben, erneuert die Bahn den Kiosk und die WC-Anlage. Zurzeit werden beide Teile abgebrochen. Da der Kiosk Schadstoffe enthält, ist er eingerüstet, damit diese nicht in die Umwelt gelangen können. Es wird eine behindertengerechte Toiletten-Anlage errichtet, die auch gegen Vandalismus geschützt sein soll.

Für das Gewerbegebiet in der Hans-Pinsel- und Hans-Stießberger-Straße wurde ein Bebauungsplan auf den Weg gebracht. Hier bekommen die Eigentümer die Möglichkeit, noch 1-2 Stockwerke auf die bestehenden Gebäude zu setzen und damit mehr Gewerbeflächen zu generieren.

Die nächsten Themen haben einen engen Bezug zueinander, auch wenn dies anscheinend nicht bei allen Fraktionen so gesehen wird. Die Gemeinde ist der Initiative „Circular Cities Declaration“ beigetreten. Damit erklären wir uns bereit wie folgt zu handeln:

„Kommunen, welche die formal unverbindliche Erklärung unterzeichnen, tragen dazu bei, die Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft (Circular Economy) in Europa zu beschleunigen. Sie stoßen entsprechende Initiativen im eigenen Gebiet an und setzen sich als Botschafter für zirkuläre Wertschöpfung ein, die zu einer ressourceneffizienteren, klimafreundlicheren und sozial verantwortlicheren Gesellschaft führt.“

Ebenso haben wir beschlossen, den Arbeitskreis “Erneuerbare Energien” einzuberufen, um einen gesonderten Fahrplan für laufende und geplante Projekte in den Bereichen Energieversorgung aus regenerativen Quellen, kommunale Wärmeplanung und energetische Sanierung von gemeindlichen Liegenschaften zu erarbeiten. Genau dies hatten wir vor zwei Monaten bereits angeregt – schön, dass nun alle dieser Idee des Klimafahrplans für Haar zustimmen konnten. Konkret heißt der Beschluss:

“Zudem soll der Arbeitskreis “Erneuerbare Energien” noch vor der Sommerpause dieses Jahres einberufen werden, um einen gesonderten Fahrplan für laufende und geplante Projekte in den Bereichen Energieversorgung aus regenerativen Quellen, kommunale Wärmeplanung und energetische Sanierung von gemeindlichen Liegenschaften zu erarbeiten. Der bestehende Sanierungsfahrplan für die Gemeinde Haar ist dabei zu berücksichtigen.”

Im Tagesordnungspunkt danach stellte die Nachbargemeinde Vaterstetten ihr geplantes Geothermie-Projekt vor, für Vaterstetten ein wichtiger Beitrag zur Klimaneutralität. Die Bohrstelle soll östlich der A99 auf Höhe der Raststätte Vaterstetten errichtet werden. Vaterstetten will eine gemeindliche Gesellschaft gründen, an der sich andere Gemeinden, private Investoren aber auch Privatbürger beteiligen können. Dies ist aus unserer Sicht ein wichtiger Baustein, damit die Kosten für die Bürger:innen im vernünftigen Rahmen bleiben. Ob sich Haar an der Gesellschaft beteiligen will, ist zurzeit noch offen. In Eglfing gibt es ein Nahwärmenetz, ebenso im Klinikum. Die zu bauende Leitung von der Bohrstelle wäre ca. 1500 m. Mit dem Blockheizkraftwerk (BHKW) am Sportpark wäre eine sinnvolle Redundanz vorhanden. Da das BHKW und auch die Leitungen dem Bayernwerk gehören, hat die Gemeinde keinen direkten Einfluss auf die Entscheidung. Die Gemeindewerke sind aber mit den verschiedenen Beteiligten in Gesprächen. Bis wann es eine Entscheidung gibt, ist aber noch offen.

Bei der Abstimmung zur neuen Heizanlage für den Gasthof zur Post, den Bürgersaal und das Familienzentrum zeigte sich aber dann, dass die Wärmewende oder der zirkuläre Ansatz doch noch nicht in Haar angekommen ist. Ein Planungsbüro hatte verschiedene Varianten für eine neue Heizung untersucht, u.a. eine neue Gasheizung, Biomasse (Pellets) oder eine Wärmepumpe. Eine knappe Mehrheit im Gemeinderat hat sich jetzt für eine neue Gasheizung entschieden, ohne wirklich alle möglichen Varianten zu kennen. Wir wollten ein neues erweitertes Gutachten, was sich vermehrt mit alternativen Wärmeerzeugungen befasst, beauftragen. Aus unserer Sicht wurden nicht alle Möglichkeiten untersucht. Wenn es Stadtviertel oder Städte gibt, die komplett mit Wärmepumpen und PV geheizt werden, sollte dies doch auch für ein mittelgroßes Areal in Haar möglich sein. Ein weiterer Kritikpunkt aus unserer Sicht ist, dass die Kosten nicht über eine sinnvolle Laufzeit von 30 Jahren betrachtet werden, sondern nur über 15 Jahre. Dies verzerrt ebenfalls die Gesamtkosten aus Anschaffungs- und Betriebskosten. Eine aus heutiger Sicht günstige Gasheizung kann und wird durch die Betriebskosten in den nächsten Jahren deutlich teurer als eine durch regenerative Energie betriebene Heizung. Auch der Hinweis des Bürgermeisters, dass die Anlage ja vielleicht später an die Fernwärme angeschlossen werden kann, wurde nicht weiter untersucht. Ein Anschluss an die Fernwärme wäre ca. 100.000 Euro billiger. Eine Summe, bei der eine nähere Untersuchung schon angebracht wäre. Positiv zu erwähnen ist, dass eine PV-Anlage mit ca. 75kWp errichtet wird und Biogas für die Heizung verwendet werden soll.

 

Verwandte Artikel