Die Finanzlage in der Gemeinde Haar – grüne Perspektiven

Die Finanzen der Gemeinde Haar sind an dem Punkt angekommen, an dem die Einnahmen nicht mehr ausreichen, um die erforderlichen Ausgaben zu decken. Das ist nicht überraschend und wurde von allen Fraktionen als ein mögliches Szenario in den letzten Jahren immer wieder beschrieben. Jetzt ist es soweit und es stellt sich die Frage, was zu tun ist.

Ziel kommunaler Haushaltspolitik muss es sein, das Geld so einzusetzen, dass die Kommune ihre Aufgaben erfüllt und den sozialen Zusammenhalt in der Gemeinde fördert und erhält. Dass der Erhalt und die Förderung des sozialen Zusammenhangs wichtige politische Aufgaben sind, hat unter anderem eine erst im Herbst veröffentlichte Studie der Hans-Böckler-Stiftung gezeigt. Ein Ergebnis der Studie ist, Armut und soziale Ausgrenzung gefährdet die Demokratie, fördert Extremismus![1]

Aber was bedeutet die Finanzlage konkret für Haar? Müssen wir einfach alles solange zusammenstreichen, bis der Haushalt wieder ausgeglichen ist? Machen wir solange Schulden, bis die Rechtaufsicht uns stoppt? Beides scheint keine vernünftige Lösung zu sein.

Es gibt drei Stellschrauben: Erstens die Einnahme- und Ausgabeseite realistisch beschreiben, zweitens die Einnahmeseite erhöhen und drittens bei der Ausgabenseite sparsam bleiben und sich auf Wesentliches fokussieren.

Zu 1): Die bisherigen Haushaltspläne der Gemeinde Haar sind bei ihrer Aufstellung dem Prinzip gefolgt, dass die Einnahmen extrem vorsichtig und die Ausgaben eher höher kalkuliert wurden. Das hatte zur Folge, dass wir beim Abschluss des jeweiligen Haushaltsjahres immer erhebliche Überschüsse hatten, die in die Rücklagen gingen. Das sorgt in Zeiten, in denen ausreichend viel Geld vorhanden ist, für eine gewisse Haushaltsdisziplin bei den Gemeinderät:innen. In Zeiten knapper Kassen führt dies aber zu Fehlentscheidungen, weil unnötig harte Einschnitte vorgenommen werden. Zum Beispiel sollen Unterstützungsleistungen für Menschen in Armut gekürzt werden, obwohl auf der anderen Seite Einnahmen aus Zinsen, die um ein Vielfaches höher sind, im Haushaltsplan nicht ausgewiesen werden. Unsere Position deshalb: bevor wir über Gebührenerhöhungen und Kürzungen reden, muss die Einnahmenseite richtig dargestellt sein.

Zu 2) Die Einnahmen einer Gemeinde lassen sich auf zwei Arten erhöhen: Mehr Steuereinnahmen oder höhere Gebühren für gemeindliche Leistungen. An der Erhöhung der Steuerseite wird seit Jahren gearbeitet, die Gemeinde bemüht sich redlich um die Vermarktung freier Gewerbefläche. Wir finden, auch die Gutswiese gehört zu den Flächen, die auf den Markt gebracht werden müssen, und wir fordern den Verkauf der Gewerbefläche an der Blumenstraße (durchaus auch für eine Wohnnutzung geeignet), was deren Entwicklung beschleunigen würde. Auch das stetige Bevölkerungswachstum der Gemeinde trägt zur Erhöhung der Einnahmen bei. Die Erhöhung der Gebühren erscheint zwar eine einfache Lösung, ist aber eine gefährliche. Denn mit ihr riskiert man den Zusammenhalt in der Gemeinde. Wenn sich Familien die Kinderbetreuung nicht mehr leisten können, Kinder aus ärmeren Familien nicht an der Ganztagsschule teilnehmen können, weil die Kosten für das Mittagsessen zu hoch sind, wenn die Bücherei so viel kostet, dass Senioren aufs Lesen verzichten und wenn ein Familienausflug ins Freibad nur noch zweimal im Sommer finanzierbar ist, dann läuft etwas schief. Wir werden trotzdem nicht umhin kommen, Gebühren zu erhöhen, aber dies wird nur einen kleinen Beitrag zum Ausgleich des Gemeindehaushalts leisten.

Zu 3) Bis die Einnahmen der Gemeinde steigen, werden wir auf Einsparungen und die Verschiebung von Ausgaben (auch wenn dies auf Dauer eher zu Mehrausgaben führt) nicht verzichten können. Aber wir dürfen uns dabei nicht kaputtsparen. Wir müssen auch beim Zusammenstreichen die Ziele kommunaler Politik im Auge behalten, nämlich die Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrzunehmen, für den sozialen Ausgleich und Zusammenhalt und für Klimaschutz zu sorgen. Insofern halten wir wenig davon, die Zuschüsse für die Vereinsarbeit radikal zu kürzen, wenn die in ihrer Summe vor der Kürzung noch nicht einmal ein halbes Prozent der Gesamtausgaben ausmachen, die Kürzung aber etliche Menschen hart treffen würde. Es macht keinen Sinn, durch Einsparungen um der Einsparungen willen NBH und vhs in ihrer Struktur zu bedrohen, weil der dadurch ausgelöste Schaden mehr Kosten verursachen wird. Auf Investitionen in die Jugendarbeit zu verzichten, erscheint ebenso dysfunktional. Hier könnte mal viele weitere Beispiel anführen. Aber sparen müssen wir trotzdem! Es lohnt sich also, die großen Ausgabenposten anzuschauen, wie z.B. die Personalkosten. Aber auch hier gilt: planloses Sparen zerstört mehr als es nützt. Ein anderer großer Ausgabeposten der Gemeinde sind die Energiekosten, hier fordern wir seit Jahren den schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien oder der LED-Straßenbeleuchtung. Hier könnten Ausgaben dauerhaft reduziert werden.

Was also bleibt am Ende: Alle drei Möglichkeiten im Auge behalten, auch beim Sparen die mittel- und langfristige Perspektive nicht aus dem Auge verlieren (soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz, Folgekosten) und die Anstrengungen erhöhen, die Einnahmeseite zu verbessern. Das bedeutet: Ein Gesamtkonzept für die Finckwiese gemeinsam mit dem Investor entwickeln, endlich ernsthafte Gespräche mit dem Bezirk über die Bebauung der Gutswiese und ein Verkauf der Blumenstraße, um deren Entwicklung zu beschleunigen.

Die Fraktion von BÜNDNIS 90 /DIE GRÜNEN im Haarer Gemeinderat

[1] https://www.boeckler.de/de/pressemitteilungen-2675-studie-armut-ist-risiko-fur-demokratie-53417.htm

 

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